Vincenzo Labellarte und die Mosaikportraits

Vincenzo, wir haben uns in Spilimbergo getroffen, als du bereits begonnen hattest Mosaikkünstler der italienischen Region Friaul zu fotografieren. Wie bist du auf die Idee zum Projekt MATERIAE gekommen?

Ich stamme eigentlich aus Rom und fotografiere vor allem urbane Landschaften. Als ich hierher kam suchte ich nach einem Projekt, das mir helfen würde, die Region Friaul besser kennen zu lernen. Bei meinen Recherchen stieß ich schließlich auf das Mosaikhandwerk, das hier lange Tradition hat. Von einer   eher weiten und territorialen Sicht bin ich also zu einer aufs gekommen, die Details in den Mittelpunkt rücken.

Fast alle Künstler, die du bisher fotografiert hast kenne ich persönlich. In jedem Bild erkenne ich die Persönlichkeit des Portraitierten wieder, seinen besonderen Stil. Wie viel Zeit nimmst du dir, um zu verstehen, was seine Arbeitsweise und seinen Charakter ausmacht?

Als persönliches und mittelfristig angelegtes Projekt erlaubt mir MATERIAE, mich eingehend mit den Mosaicisti zu beschäftigen. Normalerweise höre ich von ihnen durch Mundpropaganda und habe bereits einiges in Erfahrung gebracht, bevor es zu einem Treffen kommt. Durch den Besuch von Ausstellungen, die Studie ihrer Publikationen oder durch einen Besuch des Ateliers mache ich mir dann ein genaueres Bild und entwickle eine Idee für das spätere Foto.

In jedem der Fotos greifen Details der Kleidung, Accessoires oder Ausdruck des Künstlers etwas aus dem repräsentativen Mosaik auf. Wie bewusst geschieht dies und wer trifft die Auswahl?

Obwohl ich die finalen Entscheidungen treffe, beziehe ich den Künstler aktiv in meine Arbeit ein. In der Regel erkläre ich den Sinn meiner Serie und schlage einen Weg vor, um eine Brücke zwischen Werk und Persönlichkeit zu schlagen. Das Interessante ist, dass diese Verbindung oft ganz spontan und wie von selbst entsteht, ohne zu viel Fragen oder Suchen.

Möchtest du dich mit MATERIAE auf die Region Friaul begrenzen?

Im Moment schon, aber eher  aus praktischen Gründen. Langfristig kann ich mir schon vorstellen, den Aktionsradius zu erweitern. Und streng genommen ist durch die verschiedenen Herkunftsländer unter den Portraitierten bereits eine gewisse Bandbreite gegeben: Sie stammen teilweise aus verschiedenen Regionen Europas und dieser Welt. Das erkennt man auch in ihren Arbeiten, weil aus Eigenheiten ihrer Herkunftskultur und Besonderheiten des Ausbildungsortes etwas völlig Neues entsteht. Meine Studie, die sich eigentlich mit Menschen einer Region beschäftigen sollte ist also zu einer geworden, die die Geschichten von Künstlern verschiedener Backgrounds erzählt. Und welche die gleiche Leidenschaft – das Mosaik machen – verbindet.

Was hat dich, seit du an dieser Reihe von Portraits arbeitest, am nachhaltigsten beeindruckt? Was fasziniert dich an der zeitgenössischen Mosaikkunst und ihren Protagonisten?

In einer Gesellschaft, die geprägt ist von Geschwindigkeit und Virtualität gibt es diese Mosaicisti, die einen anderen Weg wählen. Sie führen eine jahrhundertealte Tradition fort, ein Handwerk, das sich auf die Langsamkeit und Materie selbst zurückbesinnt. Daher auch der Titel des Projekts.

Kompliment für deine Arbeit. Wir sind gespannt, wen du uns in Zukunft vorstellst!


Gebürtig aus Bari (1974), arbeitet und lebt Vincenzo Labellarte im Friaul und in Rom. Nach seinem Architekturstudium entwickelt er sein Interesse für die Fotografie als Mittel zur Erkundung und Vermittlung urbaner Räume weiter. Er hat im Rahmen verschiedener multimedialer Projekte mit Archtiketen zusammen gearbeitet. Im Jahr 2015, während des Open House in Rom organisierte er Niente Da Vedere, eine multimediale Ausstellung über die Stadt Rom. Vincenzo hat im L’Espresso veröffentlicht und in Turin und Rom während Fotoleggendo 2014 sowie 2NC-Fest multipli cities 2015, einer Biennale für urbane Fotografie, veröffentlicht.

 


 

Weitere Infos zu MATERIAE gibt es auf vincenzolabellarte.it.

Bisher im Rahmen des Projekts fotografierte Künstler:
Sofia Romoli, Francesco Folla, Andrea Besana, Laura CarraroMichela Mazzero, Romuald Mesdagh,  Luca Nardini, Matko KezeleRuth Minola Scheibler

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