Dagmar Friedrich

Auf der Suche nach Mosaikkünstlern in der Region überflog ich zuletzt die Liste mit Namen ehemaliger Schüler der Scuola Mosaicisti, die ein eigenes Atelier haben. Schnell blieb mein Blick bei einem hängen: Dagmar Friedrich. Eine Deutsche mit eigenem Laboratorio, und dann auch noch hier in Spilimbergo? Da war ich natürlich neugierig. Wenige Tage später stand ich vor ihrer Tür.

Dagmars Atelier ist hell und freundlich. Durch die großen Fenster fällt viel Licht auf die Mosaiken, die teilweise ausgestellt und teilweise in Arbeit sind. Der wunderschöne Terrazzoboden, von ihr entworfen und mit umgesetzt, die Material- und Mörtelproben, die im Raum verteilt liegen. Die Art wie Dagmar von vergangenen und neuen Projekten erzählt. All das macht klar: Hier arbeitet jemand, der sein Handwerk liebt und versteht.

Wenn man sich ihre Arbeiten ansieht, stellt man schnell fest, dass Dagmar ein Faible für natürliche und helle Materialen hat. Kieselsteine aus dem Fluss Tagliamento oder heller Marmor gehören dazu. Die Texturen ihrer Mosaike spielen mit dem Mix rauher und glatt gewaschener Oberflächen, glänzender und matter Teilchen. Insgesamt wirkt alles sehr edel und leicht auf mich. Auch weil Dagmar gerne Ton in Ton arbeitet und manchmal allein durch Fuge und Form der Tesserae Spannung erzeugt. Das Material steht also im Vordergrund. Deshalb sieht man in ihren Werken wenig Figürliches. Stattdessen lassen Farben, Formen und Linien viel Raum für Interpretation.

Schon das Sammeln des Materials birgt für Dagmar eine große Faszination: „Ich liebe es im Tagliamento Steine für meine Arbeiten zu sammeln. Die Leute hier wissen gar nicht, was sie für einen Schatz vor ihrer Haustür haben. Wenn sich das Flussbett vor mir ausbreitet, bin ich jedes mal überwältigt.“

Der Fluss ist einer der wenigen, die in den Alpen entspringen und sich ihren eigenen Lauf durch die Natur suchen. Wie sein Name sagt, schneidet er sich immer wieder neu durch die Landschaft. Und wäscht dabei die Kalk und Silicium haltigen Gesteinsmassen zu einem riesigen Fundus an Kieselsteinen unterschiedlicher Farbe und Struktur. Aber auch wenn Dagmar an anderen Orten unterwegs ist, hält sie nach neuem Material Ausschau. „Mein Auge macht das inzwischen völlig unbewusst“, lacht sie.

Neben Auftragsarbeiten für besondere Anlässe wie Hochzeiten hat sie sich auf kleine Arbeiten spezialisiert. „Das kam ganz natürlich. Weil ich nach der Schule schnell die Kinder bekommen habe, musste ich eine Möglichkeit finden, Projekte während meiner Erziehungszeit umsetzen zu können.“ Kleine Inserti gehören dazu: Details, zum Beispiel von Klimt Malereien, die sie in Mosaik umsetzt und in einen besonders bearbeiteten Hintergrund aus Zement einfügt. Manchmal bilden Fundstücke wie Glasscherben aus fehlerhaften Produktionen den Anfang für eine Komposition.

Aber auch großformatige Mosaiken hat Dagmar schon umgesetzt. In der Regel in Zusammenarbeit mit anderen Mosaicista. „Es ist schön, ab und zu mit anderen Künstlern zusammen zu arbeiten. Solche Projekte bringen mir immer wieder neue Inspiration.“

Eine dieser Arbeiten ist das Mosaik in der Grundschule des Ortes Taio in Südtirol. Ein Schriftzug und das ABC, umgesetzt in Smalten, Marmor und Kieselsteinen, schlängeln sich auf einer Fläche von 2 x 10 Metern über eine Wand der Aula. In der Arbeit spiegelt sich erneut Dagmars Vorliebe für das Wechselspiel aus verschiedenen Materialien und Mörteltexturen.

„Das Experimentieren mit den Stukturen und der Zusammensetzung des Mörtels konnte ich wunderbar in kleinen Arbeiten testen. Gelernt habe ich darüber neben meiner Ausbildung hier in Spilimbergo sehr viel von Marco De Luca, der hier im Ort einen 2-jährigen Restaurationskurs gegeben hat. Das war eine Erfahrung, die mich sehr geprägt hat.“

Unter ihren Lehrern an der Scuola Mosaicisti waren Castellan, Pauletto, Pastorutti, Pighin und Miorin, 1999 hat sie in der Schule an einem Workshop mit Candussio teilgenommen.

Wie es für sie war damals als Deutsche direkt nach dem Abitur die Mosaikausbildung hier in Spilimbergo zu machen?

„Für mich war klar: Ich will ins Handwerk. Und Mosaik hat mich damals schon fasziniert. An der Schule war ich eine der wenigen aus dem Ausland, und der Anteil männlicher Schüler war viel höher als heute. Im Italienisch sprachigen Unterricht habe ich oft kein Wort verstanden. Aber das hat mich nicht aufgehalten, denn die Praxis hat mir immer großen Spaß gemacht.“

Auch sonst hat sich einiges geändert in der Schule, erzählt sie mir. „Wir haben zum Beispiel kein modernes Mosaik gemacht, sondern fast ausschließlich Mosaiken in der Spilimbergo-typischen Facchina Technik und im klassischen Stil umgesetzt. Eine eigene Mosaiksprache habe ich erst später entwickelt.“

Was die Sprache unserer Unterhaltung angeht, können wir uns nicht so recht entscheiden. Und plaudern mal auf Deutsch, mal auf Italienisch. Während dessen stürmt ab und zu Billy aufgeregt durch die Flügeltüren, die Arbeitsraum und Materiallager voneinander trennen. Schwanzwedelnd weist der Mischling mit schwarzem Fell früh darauf hin, wenn Besuch im Anmarsch ist. Und der kommt häufig, denn Dagmar kennt man hier in Spilimbergo.

Nicht zuletzt, weil sie als Lehrerin an der Scuola arbeitet. Während der Sommermonate gibt sie dort Wochenkurse für Anfänger und Fortgeschrittene. Aber auch die Händler im Ort schätzen die Handschrift der Mosaicista tedesca: Eine Arbeit für den beliebtesten Bäcker im Dorf ist bereits umgesetzt, für eine Gelateria arbeitet Dagmar gerade an einem Schriftzug aus Smalten und Marmor. Auch an Grundschulen und in Zusammenarbeit mit Organisationen der Region hat sie schon Kurse durchgeführt.

Ab und zu gibt Dagmar auch Workshops in ihrer Werkstatt. Und demnächst ist sie zum ersten Mal für einen Kurs in den USA unterwegs, in der Nähe von Boston. „Ich mag den Austausch über Mosaik. Viele meiner Kursteilnehmer kommen regelmäßig wieder. Das ist toll, denn so können wir uns speziellen Themen widmen und an der Technik feilen.“

Auch für mich war das bestimmt nicht der letzte Besuch hier im Atelier, denke ich. Und prompt fragt sie, ob ich ab und zu zum Arbeiten bei ihr vorbei schauen will. Ich freue mich sehr über dieses Angebot. Und darauf beim nächsten Mal mit meiner Martellina in die Werkstatt zu kommen, um ein privates Projekt umzusetzen.

Dagmar Friedrich (1967, Ulm) hat ihre Ausbildung an der Scuola Mosaicisti del Friuli 1989 abgeschlossen. Kurz danach hat sie sich mit ihrem eigenen Atelier in Spilimbergo selbstständig gemacht. Zu ihren Auftraggebern gehören öffentliche Institutionen und Einzelhändler. Für Privatpersonen kreiert sie Mosaiken für besondere Anlässe. An der Mosaikschule in Spilimbergo, in Zusammenarbeit mit öffentlichen Einrichtungen und in ihrer Werkstatt gibt sie regelmäßig Mosaikkurse. Wer Dagmars Atelier besuchen möchte, findet ihre Kontaktdaten auf ihrer Website
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