Dieses Jahr habe ich kein Glück mit dem Wetter. Bologna empfängt mich mit Sonnenschein und 20 Grad, um mich dann in eine Woche Ravenna voller Regen zu entlassen. Aber ich bin ja auch nicht hier, um die Sonne zu genießen. Ich will einen Kurs bei KOKO Mosaico machen. Also mit Mosaikhammer, Smalten und Marmor arbeiten.
Als ich am Montagmorgen für meinen Anfängerkurs in die Werkstatt komme, ist es genauso wie ich erwartet habe. Viel Platz, noch viel mehr Material. Ein paar Baumstämme mit Martellina (Hammer) und Tagliolo (Spaltkeil) stehen im Raum verteilt und verraten, wo zuletzt gearbeitet wurde.
Es ist noch früh am Morgen und eine junge Frau, Claudia, begrüßt mich. Später erfahre ich, dass sie Grafikdesignerin ist und vor einem Jahr aus Neugierde einen Kurs bei KOKO Mosaico gemacht hat. Seitdem pendelt sie von Rom nach Ravenna, um im Laboratorio zu lernen und zu arbeiten.
Einen Kurs bei KOKO Mosaico darf man sich nicht wie einen 9 to 5 Workshop vorstellen. Es kann vorkommen, dass man die einzige Person ist, die einen Kurs macht. Oder, dass die anderen Kursteilnehmer eine ganz andere Technik lernen. Und doch oder gerade deswegen hatte ich das Gefühl sehr intensiv zu lernen. Von Luca Barberini und Arianna Gallo, den Gründern der Werkstatt, erfährt man die Hilfestellung und Erklärung, die man für seinen Wissensstand benötigt. Und gleichzeitig passieren über den Tag verteilt Tausend Dinge. Die beiden kümmern sich um Praktikanten von der Kunsthochschule, geben eine kurze Hilfestellung, zwischendurch wird aufgeräumt, ich suche zusammen mit Arianna Material aus, es wird gemeinsam in der Mensa gegenüber gegessen.
Luca und Arianna, die auch privat ein Paar sind, schaffen es auf wunderbare Weise, verschiedenen Rollen gleichzeitig nachzugehen. Als Kursleiter, Künstler, Organisatoren und Eltern sind sie den ganzen Tag aktiv. Und kreieren eine Atmosphäre, in der es Spaß macht zu lernen.
KOKO Mosaico, das merkt man sofort, ist ein offener Ort. Offen für Begegnungen, für das Weitergeben von Wissen, für das Sprudeln von Kreativität. Mitten auf der Via Roma gelegen, hört man Lastwagen, Feuerwehr, Menschen vorbei laufen. Und das ist gut so, sagt Luca mir später im Interview. Das Studio soll mitten im Geschehen sein. Und sich nicht abkapseln. In Bewegung bleiben. Während meiner Woche in Ravenna schauen immer wieder neugierige Leute rein, informieren sich über die Werke aus der Galerie und das Kursangebot. Âniko und Giuseppe von der Künstlergruppe CaCO3 bereiten ein Bild für die nächste Ausstellung vor. Künstler und Kuratoren kommen vorbei und tauschen sich über die nächsten Vorhaben aus. Ab und zu klingelt das Telefon und Luca macht einen Witz. “Pronto soccorso?” – “Notaufnahme?”. Musik von Vasco Rossi und Elio e le Storie Tese laufen von der Playlist. Es ist fast so, als verschmelzen die Werkstatt und ihre Akteure mit der Umgebung.
Am Ende habe ich viel gelernt: Dass die ravennatische Technik hochkompliziert ist und viel Geduld verlangt, einen das Ergebnis aber umso mehr beeindruckt. Dass die simplen Dinge manchmal die Schönsten sind. Dass man aus Kaninchenknochen Biokleber herstellen kann. Und dass die Arbeit mit dem Mosaikhammer unglaublich entspannend ist – fast wie Meditation.
Ich komme ganz bestimmt wieder.
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