10 Tipps für das Legen und Kopieren antiker Mosaike

Die römischen Moaiken bestechen vor allem durch ihre schlichte Ästhetik. Sowohl was Formen der Teilchen, als auch die Art zu legen und den Einsatz der Farben angeht. Je genauer man sich die Mosaiken ansieht, desto eher entdeckt man, wie auf kluge Art und Weise mit den wenigen vorhandenen Formen und Farben tolle Effekte erzielt wurden.

Wie ihr sicher wisst, sind uns ganz verschiedene Arten von Mosaiken aus der großen Zeit Roms geblieben. Dieser Beitrag bezieht sich auf das sogenannte Opus Tessellatum, die wohl bekannteste Art von Mosaiken aus römischer Zeit, deren Name sich auf die dominierende Form der Steinchen – Quadrate – bezieht. Sowohl geometrische Muster als auch figürliche Darstellungen wurden häufig in diesem Stil umgesetzt. Aber auch für Rahmen und Hintergründe wurde diese Technik verwendet. Neben diesen auch Tessellati genannten Mosaiken gibt es eine ganze Reihe weiterer Mosaikarten aus römischer Zeit, darunter Opus Vermiculatum, Mosaici a Canestro, Opus Lapilli und Opus Sectile. Auf diese Mosaiken gehe ich an anderer Stelle mal ein.

Wie ich ja schon berichtet habe, arbeiten wir hier seit geraumer Zeit in Gruppen an Kopien römischer Mosaiken. So einige Details in den Originalen und Eigenheiten, auf die man beim Kopieren eines solchen Werkes achten muss, fallen mir beim Arbeiten mehr und mehr auf. Einige davon möchte ich heute an euch weitergeben.

Die Beispiele hier im Beitrag sind  allesamt Details von Tessellati aus Aquileia, wobei das Bild vom Hirsch eine Kopie der Schule zeigt. Auf den Fotos könnt ihr ganz gut die Details der Andamenti erkennen. Ich habe die rot markierten Punkte im Text zum besseren Verständnis in den Schwarz-Weiß-Bildern ganz unten noch mal hervorgehoben. Ein schönes Beispiel für das Spiel mit Formen und Farben ist der Fisch aus einem Asarathon. Schaut euch die Zähne und Zacken seines Körpers mal genauer an.

Andamenti

Je nach Stil und Machart eines Mosaiks gibt es ganz verschiedene Arten von Andamenti. Verläufe von Linien und Anordnungen von Steinchen, die auf den ersten Blick willkürlich scheinen, folgen auch bei modernen Mosaiken häufig einer Logik. Hier also ein paar Eigenheiten in den römischen Mosaiken:

1. Flächen optisch von außen nach innen einteilen

Die Römer teilten die Flächen im Opus Tessellatum optisch von außen nach innen ein. Das heißt die Form einer Fläche wird innen mit einer Linie von Tesserae verfolgt. Sobald dieser erste innere Rahmen abgeschlossen ist, wird der nächst kleinere Rahmen gebildet, bis die gesamte Fläche gefüllt ist. (Achtung: Ich spreche hier nicht vom Legen, sondern vom Einteilen des Raumes an sich.)

Das Konzept der rahmenden Linie wiederholt sich in der Regel an einigen Stellen im Mosaik. Sie wird einerseits eingesetzt, um den Hintergrund zu rahmen und andererseits, um die Objekte im Bild optisch vom Hintergrund zu trennen. Wie ein kleiner Heiligenschein bringt diese Linie ein gewisses Gleichgewicht ins Bild durch klare Trennung von Objekt und Hintergrund. Und gibt vor, wie der übrige Raum im Bild aufgeteilt wird. Nämlich wieder nach dem gleichen Muster wie oben bei kleinen Flächen. Bei großen Flächen in der Regel durch horizontal verlaufende Linien aus Quadraten.

2. Quadrate, Trapeze und Dreiecke gezielt einsetzen

Wo möglich, werden die Linien des Mosaiks mit Quadraten (1) ausgefüllt. Je nach Rundung und Verjüngung der Linien werden diese zu Trapezen (2). Nur wo eine Linie ganz schmal endet, wird sie durch ein Dreieck (3) abgeschlossen. Ein „Sdoppiamento“, also das Aufspalten einer Linie in zwei Linien wird ganz einfach durch das „Teilen“  in zwei Tesserae (4) gelöst, die allerdings auf keinen Fall ein Fugenkreuz bilden sollten, um nicht ins Auge zu fallen (siehe weiter unten Punkt 6. „Keine Kreuzfugen bilden“). Das sind ja sozusagen besonders sensible Stellen, die sich gut ins Gesamtbild einfügen sollen.

3. Stufen zwischen den Tesserae vermeiden

Von Teilchen zu Teilchen sollten keine zu großen Sprünge in der Breite bestehen. Um trotz Fuge optisch eine Linie zu bilden, sollten die zueinander gerichteten Kanten der Nachbarsteine also ungefähr gleichlang sein.

4. Rundungen mit Trapezen folgen

In Punkt 1. habe ich es schon kurz erwähnt: Um eine runde Form zu bilden – beispielsweise die äußere Form eines Blattes – werden die Quadrate zu Trapezen angeschrägt, wobei die Fuge immer im 90 Grad Winkel zur inneren Linie des Kreises bleibt (5). Wie die einzelnen Glieder eurer Finger, wenn ihr mit Daumen und Zeigefinger ein „O“ formt. Bei einer Welle wird die Richtung auf dem Scheitelpunkt (6) geändert. Klingt kompliziert? Am besten der Intuition folgen. Das kommt irgendwann von ganz alleine.

5. Linien durch Trapeze verjüngen

Um eine Linie schmaler werden zu lassen, setzt ihr einfach Trapez an Trapez übereinander (2). Hierbei auch gleichzeitig auf die Kurven achten (siehe auch Punkt 4 „Rundungen mit Trapezen folgen“), um die passenden Tesserae auszuwählen.

Allgemeine Tipps

Diese Punkte gelten auch für andere Stile, also nicht nur für römische Mosaiken. Der Vollständigkeit halber nehme ich sie mal mit dazu.

6. Keine Kreuzfugen bilden

Nicht gern gesehen, weil sie den Blick anziehen und daher den Betrachter von der Gesamtheit aufs Detail fokussieren lassen: Kreuze. Damit sind Abfolgen von Steinchen gemeint, die Fugen in Kreuzform entstehen lassen. Also quasi wie die Fugen in euerem Bad. Auch wenn es sich nicht immer vermeiden lässt: Nicht hübsch!

7. Für gleichmäßige Fugen sorgen

Gelegt wird bei Objekten im Bild von ihrem wichtigsten Punkt aus, von innen nach außen. Der Hintergrund dagegen sollte von außen nach innen gearbeitet werden. Immer offen arbeiten, also keine Engpässe bilden, in die ihr nachher Teilchen reinquetschen müsst. Es sollte auch keine Reihe Steinchen alleine im Raum stehen bleiben, da sie so kaum Halt im Zementbett hat.

Anfangs ist es gar nicht so einfach, ein stabiles Zementbett hinzukriegen und dabei auch noch gleichmäßige Fugen zu bilden. Irgendwie wollen die Steine nie so recht zusammenrücken. Während hier eine Riesenfuge klafft, ist es da ein wenig zu wenig.

Manchmal sind „bäuchige“ Teilchen Schuld, die das Nachbarteilchen von sich wegdrücken und große Zwischenräume entstehen lassen. Mit ein bisschen Übung stellt man fest, dass sich das Problem manchmal durch Drehen des Steins auf eine seiner anderen Seiten lösen lässt. Wie Yin und Yang im Mosaik sozusagen. Oder ihr müsst das Steinchen doch noch mal nachbearbeiten, um es „schlanker“ werden zu lassen.

Die Steinchen sollten für guten Halt ca. 2/3 im Zement stecken. Aufpassen, dass kein Zement an die Oberfläche gedrückt wird! Das sieht hässlich aus und verschmiert später evtl. die Oberfläche der Teilchen.

Wichtig ist auch das Säubern der Fugen nach jedem Arbeitsabschnitt. Damit man diese Arbeitsschritte im Mosaik nicht sieht, dürfen keine Zementreste am Rand des letzten Parts kleben. So wird vermieden, dass alte und neue Fugenmasse vermischt und die Fugen groß und krümelig werden. Ihr könnt entweder direkt nach Fertigstellung den Rand vorsichtig mit einem kleinen Spachtel säubern, solange der Zement noch frisch ist. Oder ihr schneidet den etwas erhärteten Zement am nächsten Arbeitstag vorsichtig mit dem Cutter weg.

8. Plane Oberfläche bilden

Die römischen Mosaiken waren Fußbodenmosaiken. Wenn ihr also eine Kopie macht, achtet darauf eine gleichmäßige Oberfläche zu bilden. Als Maßstab ist eine Fliese oder ein Stück Holz hilfreich. Und ab und zu mal aufstehen für einen gewissen Abstand hilft auch. Da stellt man manchmal kleine „Abgründe“ fest.

9. Farbverläufe beachten

Mit wenigen Farbnuancen haben die Pictori Imaginarius (die Künstler, die das Mosaik entwarfen) damals tolle Effekte, Muster und Schattierungen geschaffen. Daher: weniger ist oft mehr. Schaut euch ab, wie Mischungen entstehen und wie kalte und warme Töne in Einklang gebracht werden. Auch hier ist beim Arbeiten ein bisschen Abstand zum Mosaik manchmal gut, um die Farbmischung zu prüfen.

10. Nicht zu lange Fackeln

Was mir immer noch etwas schwer fällt ist dieser Punkt. Trotz der vielen Regeln oben nicht zu viel Acht zu geben auf passende Steinchen. Einfach mal machen und sicher sein: Am Ende ergibt schon alles ein schönes Ganzes. Ich neige ein wenig dazu mich mit Kleinigkeiten zu befassen. Haben die damals sicher nicht gemacht. Schließlich hatte man als Sklave das Mosaik in einem ordentlichen Tempo zu legen. Ich bin zwar kein Sklave, aber deshalb muss ich ja nicht wie eine Henne nach dem Korn suchen. Aber auch hier bestätigt sich wieder: Je besser die Auswahl an geschlagenem Material, desto schneller geht es voran.

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9 Comments

  1. Danke Myriam – ist wahnsinnig viel zu beachten, aber manchmal muss man einfach legen, ich denke die Regeln verinnerlichen sich dann irgendwann einmal. Die Anregungen helfen, aber man kann es sich nicht bei jedem Mosaik vor Augen halten, da kommt man kaum weiter. Trotzdem immer danke für Deinen Blog, es sind immer mal hilfreiche Details dabei. Ich bin zurück aus Chile, ich denke mal Du hast alles etwas via Facebook verfolgen können – war ein richtig guter Arbeitsurlaub mir vielen neuen Eindrücken und Ideen – wie bei Deinem Blog. Schöne Grüße aus dem Bayernland – Caroline

    1. says: miriam

      Liebe Caroline,

      vielen Dank für deinen Kommentar. Ja, du hast recht, irgendwann hat man die vielen Regeln verinnerlicht. Die Punkte oben sind ja auch nicht als Einschränkung gemeint, sonders als Tipps.

      Schön, dass dir die Mosaikaktion von Isidora in Chile gefallen hat. Ich kann mir vorstellen, das war ein tolles Erlebnis.

      Viele Grüße
      Miriam

  2. says: Eno Barchetta

    Liebe Myriam, du machst das richtig gut.. und wenn man Mosaik als Beruf bez. Berufung sieht, dann folgst du den strengen Regeln den SMF ganz genau! Auch der Blog, zeigt das du offen bist und wissen teilst! Freue mich wenn du dann in die 2. kommst und mit Byzanz und Ritrati in Smalti und Erdtöne dich auseinandersetzt. Auch der Kreative Teil…
    Liebe Grüsse an Elena, Luca S. Luca de A. Evelina. Elisa. Serena und alle die mich kennen.
    … In 1-2 Monaten kommt auch etwas leben nach Spi… wenn dann die Sonne länger scheint.

    Bis dahin “ buon lavoro“

    1. says: miriam

      Hallo Eno,

      danke, ich finde es wichtig das Wissen über Mosaik zu teilen und gebe daher gerne das hier Aufgeschnappte an euch weiter. Ich freue mich auch schon auf die nächsten Jahre, wenn wir mit neuen Stilen experimentieren und alles etwas freier wird.

      Die Grüße richte ich gerne aus! Drück die Daumen, dass sich die Sonne bald wieder hier zeigt!

      Saluti
      Miriam

  3. says: Haberl Brigitte

    Hallo Miriam ,lese gerne deine Berichte schön das du sie mit uns teilst…war schon 2mal in der Schule in Spilimbergo leider einfach nur zum ansehn für Kurse scheiterts leider an der Sprache , wünsch dir noch ganz viel Spass und freu mich auf deinen nächsten Eintrag

    Lg. Brigitte

    1. says: miriam

      Hallo Brigitte, danke für deinen Kommentar! Ja die Sprache ist tatsächlich so ein Ding. Aber es gibt eine Lehrerin, die Deutsch spricht: Dagmar Friedrich. Wenn du Kurse hier machen willst, ist das vielleicht eine Möglichkeit :-)
      Liebe Grüße
      Miriam

  4. says: cleber correa gonçalves

    eu cleber, gostei muito dos tutoriais, só agora eu descobri essa linda arte,
    onde eu moro não tem curso, nen quem trabelhe com essa arte, por isso eu tou sempre em busca de aprendizado, e aceito dicas e ajuda.
    obrigado.

  5. says: Nana

    Ich bin durch Zufall auf diese Seite gestoßen und finde das unglaublich interessant. Da meine Materie der Stoff ist und ich schon lange eine Idee habe, werde ich mir die 10 Tipps auf alle Fälle merken und beachten. Fehlt mir nur noch das passende Motiv/Vorlage.

    Nana

    1. says: miriam

      Liebe Nana,
      danke für deinen Kommentar! Schön, dass dich dieser Post für dein Projekt inspiriert. Viel Spaß bei der Umsetzung!
      Viele Grüße
      Miriam

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